Hier handelt es sich um sehr seltene Erkrankungen. Bei den meisten konnten die speziellen Gendefekte bereits herausgefunden werden, eine Behandlung der Ursache ist jedoch bislang noch nicht möglich.
Alport-Syndrom:
Das Alport-Syndrom ist eine erbliche Erkrankung, bei der die häufigsten Beschwerden eine Schwerhörigkeit, verschiedene Augenschäden und insbesondere eine Beeinträchtigung der Nierenfunktion sind. Da die Vererbung in 80% über das X-Chromosom stattfindet, ist eine Übertragung vom Vater auf den Sohn extrem selten, Frauen sind fast nie betroffen und weisen, wenn sie betroffen sind, einen wesentlich milderen Verlauf auf. In der Niere kommt es durch einen Mangel an einer bestimmten Form des Kollagens zum Auftreten von Blut im Urin und zu einer Schädigung der kleinen Filtereinheiten (Glomeruli). Leider führt die Erkrankung bei den meisten Patienten früher oder später auch zu einem Funktionsverlust der Nieren bis hin zur Dialysepflichtigkeit. Vermutet wird eine solche Erkrankung meist dann, wenn bereits Fälle von Nierenschaden, Augenschäden und Schwerhörigkeit in der Familie aufgetreten sind. Eine Bestätigung der vermuteten Diagnose erfolgt in der Regel durch eine Haut- oder Nierenbiopsie. Mittlerweile gibt es jedoch auch Blutuntersuchungen, mit denen auf die häufigsten Mutationen gestestet werden kann. Allerdings ist die Sicherheit, bei einem unauffälligen Blut-Testergebnis auch die Krankheit ausschließen zu können, relativ gering. Nur wenn der zugrundeliegende Gendefekt bereits bekannt ist, kann man ihn gezielt suchen. Dann hilft auch der Bluttest mehr.
Eine ursächliche Behandlung gibt es leider nicht. Man ist sich sicher, dass durch Behandlung mit ACE-Hemmern das Voranschreiten der Erkrankung verzögert werden kann. Zudem erfolgen Studien, in denen untersucht werden soll, ob auch andere Medikamente wie Immunsuppressiva oder blutfettsenkende Mittel (Cerivastatin) einen positiven Effekt haben können. Allerdings könnte es hier leicht sein, dass die Medikamentennebenwirkungen wesentlich schlimmer sind als der positive Effekt.
Zystennieren:
Die häufigste Form der Zystennierenerkrankung betrifft in erster Linie (junge) Erwachsene, führt aber häufig zu einem voranschreitenden Nierenversagen. Dabei kommt es durch eine erbliche Störung der Harnkanälchen zur Bildung von sehr vielen Zysten innerhalb des Nierengewebes. Durch die Zystenbildung wird das funktionierende Nierengewebe verdrängt und geschädigt, und es kann zu den typischen Folgen einer Nierenerkrankung wie Bluthochdruck, Störungen des Wasser- und Elektrolythaushaltes und der Entgiftungsfunktion kommen. Zudem können die Nieren durch ihre Größe andere Organe verdrängen und zu einer räumlichen Enge im Bauchraum führen.
Auch andere Veränderungen werden gelegentlich beobachtet: Es können Zysten in der Leber und anderen Organen entstehen, und gelegentlich kommt es auch zu Aussackungen (Aneurysma) der Hirnarterien. Daher wird empfohlen, bei Patienten mit Zystennieren auch eine Kernspintomographie des Kopfes durchzuführen, um solche Gefäßveränderungen rechtzeitig erkennen zu können. Auch das Herz und andere Gefäße können betroffen sein.
Diese Form der Zystennieren wird „dominant“ vererbt, die Verteilung zwischen Männern und Frauen ist in etwa gleich. Nur ein Mensch, der selbst eine Zystennierenerkrankung hat, kann diese auch an seine Nachkommen vererben, wobei das Erkrankungsrisiko für Kinder eines Ehepaars mit einem betroffenen Elternteil bei 50% liegt.
Die Erkrankung wird meist bei einer Ultraschalluntersuchung festgestellt. Dabei muß sorgfältig zwischen der Zystennierenerkrankung und „normalen“ Nierenzysten unterschieden werden, die auch bei gesunden Menschen und anderen Nierenerkrankungen vorkommen können. Wenn im Alter von 30 Jahren keine Zysten an den Nieren bestehen, liegt das Risiko, das Zystennieren-Gen zu haben, bei unter 5%. Als weitere Untersuchung mit einem ähnlich geringem Untersuchungsrisiko bietet sich die Kernspintomographie an. Der Vorteil dieser teuren und aufwendigen Untersuchung ist, daß durch relativ exakte Volumenbestimmung über die Zeit eine ungefähre Aussage über den zu erwartenden Verlauf möglich ist.
Die gendiagnostische Untersuchung hat die größte Genauigkeit, ist aber extrem teuer und aufwendig. Nur in bestimmten Fällen ist diese Untersuchung sinnvoll, wenn z.B. ein Familienangehöriger einem betroffenen eine Niere spenden will (Lebendspende) und sicher sein muß, daß er nicht auch Genträger ist.
Eine ursächliche Behandlung gibt es auch hier nicht. Von extremer Wichtigkeit ist daher, daß alle Maßnahmen ergriffen werden, um die Nierenfunktion so lange wie möglich und so gut wie möglich zu erhalten. Insbesondere eine exakte Blutdruckeinstellung kann das Voranschreiten der Verschlechterung der Nierenfunktion weit hinauszögern. Besonders effektiv scheinen auch hier die ACE-Hemmer zu wirken. Neuere Studien aus 2007 zeigen eine mögliche Verlangsamung des Zystenwachstums durch einen sog. Vasopressin-Rezeptor-Antagonisten (Tolvaptan). Allerdings laufen hier noch die Studien, und das Medikament ist nur im Rahmen von kontrollierten Studien verfügbar. Solange noch keine schwere Einschränkung der Nierenfunktion besteht, kann eine erhöhte Trinkmenge Komplikationen vermindern.
Wir empfehlen bei beiden Erkrankungen dringend eine ständige Betreuung bei einem Nephrologen (Zusatzausbildung des Internisten mit Spezialgebiet Nierenerkrankungen und Bluthochdruck), damit evtl. entstehende Probleme frühzeitig erkannt und behandelt werden können.
Bei weiteren Fragen schreiben Sie uns bitte.