Die winzigen Gefäßknäuel der Nierenkörperchen (Glomeruli) sind als eigentliche Filter der Niere täglich dem Kontakt mit vielen Schadstoffen – zu denen Bakterien- oder Virusanteile, Antikörper und andere entzündliche Substanzen gehören – ausgesetzt. Andere Gefäße im Körper haben keine Filtereigenschaften und sind vor solche Schadstoffen geschützt. Wahrscheinlich können diese Schadstoffe an den glomerulären Filtern hängen bleiben und eine Entzündungsreaktion auslösen, eine Glomerulonephritis.
Schematische Zeichnung eines Nierenkörperchens
Wir wissen nicht, warum bestimmte Personen auf die Schadstoffe, denen wir sicher alle ausgesetzt sind, mit einer Entzündung reagieren. Erbfaktoren, über die im Augenblick viel geforscht wird, spielen auf jeden Fall eine Rolle.
Merke: Die Entzündungen der Nierenkörperchen betreffen immer beide Nieren und – mehr oder minder stark – alle Nierenkörperchen.
Wie bemerke ich eine Entzündungen der Nierenkörperchen? Folgende Beschwerden oder Befunde weisen auf die Erkrankungen hin:
Die genannten Beschwerden können sehr plötzlich beginnen und der Patient sucht dann seinen Arzt auf. Das hat den Vorteil, dass die Erkrankung früh entdeckt werden kann.
Manche Glomerulonephritiden verlaufen aber schleichend und so beschwerdearm, dass die Patienten erst die Probleme eines fortgeschrittenen Nierenversagens verspüren (Appetitlosigkeit, Übelkeit, Schwäche, blass-gelbe Haut, Juckreiz, Mundgeruch) oder der Arzt stellt bei einer Routineuntersuchung einen krankhaften Urinbefund oder einen erhöhten Kreatininwert fest.
Die genaue Art einer Glomerulonephritis lässt sich nur durch eine Nierenpunktion mit feingeweblicher Beurteilung diagnostizieren. Diese Punktion ist nicht immer notwendig, sollte aber bei noch nicht geschrumpften Nieren erfolgen, wenn mehr als 1-2 Gramm Eiweiß im Urin ausgeschieden wird oder wenn das Kreatinin erhöht ist. Natürlich wird der Nierenspezialist bei jedem Patient individuell abwägen, ob das Risiko der Punktion den Eingriff wert ist, d.h. insbesondere, ob sich Konsequenzen für die Behandlung ergeben können.
Feingeweblich unterscheidet man folgende Formen der Glomerulonephritis (GN):
Natürlich können Sie mit diesen Fachbegriffen nicht viel anfangen. Die Mediziner hantieren mit diesen Diagnosen, deswegen kann es hilfreich sein, wenn Sie die Begriffe einordnen können.
Behandlung:
Jede dieser Erkrankungen kann mit mehr oder minder großer Aussicht auf Besserung – selten auch Heilung – behandelt werden, jedoch nicht mit den gleichen Medikamenten. So wird die Glomerulonephritis mit minimalen feingeweblichen Veränderungen und die fokal-segmentale Glomerulonephritis vor allem mit Cortison behandelt (sehr erfolgreich bei der ersteren, mäßig erfolgreich bei der letzteren). Die mesangiale Glomerulonephritis braucht oft keine spezielle Behandlung oder man gibt Fischöl.
Bei anderen Glomerulonephritiden setzt man zur Rettung der Niere Medikamente ein, die das Abwehrsystem des Körpers unterdrücken. Diese Medikamente, genannt Immunsuppressiva, sind z.B. sehr erfolgreich bei den rasch voranschreitenden Glomerulonephritiden. Diese Substanzen haben durchaus ernste Nebenwirkungen. Typische Medikamente dieser Art sind Endoxan (Cyclophosphamid), Imurek (Azathioprin) und Sandimmun (Ciclosporin A).
Warum setzt man diese relativ gefährlichen Medikamente ein?
Erstens kann ein kundiger Arzt die Nebenwirkungen weitgehend vermeiden und zweitens sind nur diese Medikamente bei bestimmten Nierenerkrankungen in der Lage ein Nierenversagen mit Dialysepflichtigkeit zu verhindern.
Leider lässt sich nicht bei jedem Patienten verhindern, dass die Niere mehr oder minder schnell an Funktion einbüßt. Die Wissenschaftler verstehen noch zu wenig von den Ursachen der Glomerulonephritiden, so dass bei vielen Patienten keine ursächliche Therapie möglich ist. So sind chronische Verläufe bei Entzündungen der Nierenkörperchen eher die Regel als die Ausnahme.
Um die Niere vor einem Funktionsverlust möglichst gut zu schützen gilt:
Merke: folgen Sie auf jeden Fall den „allgemeinen Ratschlägen für Nierenkranke“
Prognose:
Die Prognose, d.h. das zukünftige Schicksal der o.a. Glomerulonephritiden ist individuell tatsächlich sehr unterschiedlich. Im allgemeinen führt die mesangiale GN in etwa 25% der Patienten nach 10-jährigem Verlauf zur Dialyse, die membranöse, membranoproliferative und die fokal-segmentale Form bei etwa 50% und die GN mit minimalen Veränderungen fast nie.
Das Schicksal der rasch voranschreitenden Form entscheidet sich danach, ob die Erkrankung früh oder spät diagnostiziert wurde; bei früher Diagnose kann in der Regel eine Dialyse verhindert werden. Die post-infektiöse Glomerulonephritis ist in der modernen Industriegesellschaft sehr selten geworden. Bei Kindern heilt die Erkrankung fast immer aus, bei Erwachsenen kommen auch chronische Verläufe bis zur Dialyse vor.
Folgende Befunde sprechen dafür, dass sich eine Glomerulonephritis nicht Richtung Dialyse bewegt:
Vorsorge:
Kann man sich vor dem Auftreten einer Entzündung der Nierenkörperchen schützen? Leider gibt es keine Vorsorge. Man sollte aber bei Arztbesuchen darauf achten, dass der Harn mit einem einfachen Teststreifen geprüft wird. Damit ist zumindest eine Früherkennung möglich.